Barbie Margot Robbie

Playmobil oder Barbie-Puppen – an dieser Frage schieden sich im Kindesalter oft die Geister. Auf der einen Seite die Mädchen, die alles aus Barbies Welt daheim hatten, vom Traumhaus bis zum Campingwagen (heute würde man’s Glamping nennen); auf der anderen die Mädchen, die mit Rosarot nix anfangen konnten und lieber mittelalterliche Burgen aus Playmobil und Lego bauten.

Am 20. Juli 2023 startet der erste „Barbie“-Film mit Schauspielern im Kino. Und nachdem im Vorfeld schon ordentlich Werbung für das rosarote Leinwandspektakel der Regisseurin Greta Gerwig gemacht wurde, diskutieren freilich auch wir in der Redaktion heftig über die Frage: Sollte man Kindern, speziell: Mädchen, das Spiel mit den perfekten Püppchen erlauben? Schließlich wird angesichts der athletischen, vermeintlich perfekten Körper von Barbie und Ken ein Frauen- und Männerbild befördert, nach dem jeder jeden Tag zu jeder Stunde gesund und munter auszusehen hat; schlechte Laune, Hautunreinheiten, Cellulite gar – verboten! Da kommt besonders den Eltern im Team das blanke Grauen. Völlig übertrieben? Hier erinnern sich zwei Redakteurinnen an ihre Kindheit mit oder ohne Barbie. Übrigens heute selbstbewusste Frauen – beide!

Barbie

„Bei uns daheim ging es nicht wirklich streng zu. Meine Mutter hatte zudem Nerven aus Stahl, die angesichts ihrer drei Töchter, die innerhalb von sechs Jahren geboren wurden, auch nötig waren. Ab einem gewissen Zeitpunkt war eine von uns eigentlich immer in der Pubertät. Laut meiner Mutter konnte das auch schon im Alter von sechs oder sieben Jahren sein, als jeder kindliche Ausraster (ja, die haben auch die Mädchen!) als „vorpubertär“ abgetan wurde. Das hat sich übrigens bis zu ihren Enkelkindern (alles Jungs!) durchgezogen. War ja irgendwie auch eine schöne und liebevolle Erklärung für so vieles.

Satire Statt Girlie Streifen:

In einem Punkt aber kannte unsere Mutter keinen Spaß. Beziehungsweise – eigentlich waren es zwei. Der erste betraf die „Lindenstraße“, die bei uns tabu war. Ich glaube, meine Eltern haben bis heute keine Folge gesehen (sonst hätten sie die Geschichten vielleicht sogar gemocht), aber alles, was man darüber hörte (im Freundeskreis!) und las (in den konservativen Zeitungen und Magazinen), machte beiden irgendwie Sorge. Also hieß es sonntags am frühen Abend: raus zum Spielen oder auf den Tennisplatz statt vor die Glotze.

Das zweite nicht zu verhandelnde No-Go betraf die Barbie. Vor keinem anderen Kinderspielzeug (und es war die Zeit, als die Gameboys aufkamen!) hatte meine Mutter weniger Respekt (so billig!) und mehr Angst zugleich (was, wenn meine Töchter eine wollen?!). Diese amerikanische Puppe verkörperte alles, was sie für ihre Mädchen nicht wollte: das Oberflächliche, das auf den Körper reduziert Sein, das (vermeintlich) Makellose und auch dieses ständige So-Sein-nur-damit-es-Männern-gefällt-Ding.

Ihre Verachtung für Barbie war so groß, dass sie bei mir (meine jüngste Schwester hatte und hat bis heute das größere Revoluzzer-Gen) jeden Anflug von Jetzt-will-ich-sie-erst-recht im Keim erstickte. Keine Chance! Und heute? Ich würde auch meiner Tochter, wenn ich eine hätte, wohl keine Barbie kaufen. Mein Sohn hatte nie Interesse an Puppen, deswegen stellte sich bei ihm die Frage erst gar nicht – und ich musste ihm in dieser Hinsicht nichts verbieten.

Barbie

Margot Robbie's Barbie Film Fashion

Der Barbie-Film übrigens interessiert mich sehr wohl. Mein Kollege Jörg Heinrich schrieb bei seiner Kritik über den neuen Song von Billie Eilish zum Film: „US-Regisseurin Greta Gerwig zeigt die Kinderzimmer-Ikone als moderne Frau, in deren Leben nicht alles rosarot ist.“ Das, finde ich, klingt doch ganz wunderbar – und so kommen wir dann am Ende doch noch zusammen: meine Mutter, Barbie und ich.“ STEFANIE THYSSEN

„Verknotete Plastikhaare kämmen, kleine Röckchen anziehen und das Leben, wie man es als Erwachsene gerne hätte, nachspielen. So habe ich meine Zeit als Kind gerne mit den alten Barbie-Puppen meiner Schwester verbracht. Über das problematische Körper- und Frauenbild, welches die zierliche Puppe mit dem perfekten Gesicht vermittelt, habe ich mir keine Gedanken gemacht. Logisch – ich war ja auch ein Kind.

Barbie

Wenn wir ehrlich sind: Mit Sicherheit hat die berühmte Barbie unterbewusst Einfluss auf das Körperbild etlicher Mädchen gehabt. Doch verteufeln muss man sie deswegen nicht. Denn auch die Barbie ist mit der Zeit gegangen und hat sich im Laufe der vergangenen 60 Jahre entwickelt. Inzwischen ist das dünne Blondchen nicht mehr der einzige Star im Barbie-Kosmos. Vielmehr gibt es jetzt auch Barbies mit Hörgeräten, Beinprothesen oder im Rollstuhl. So können Kinder einerseits lernen, wie unterschiedlich Menschen sein und aussehen können, und auf der anderen Seite können betroffene Kinder mit Puppen spielen, die genauso sind wie sie. Außerdem: Die meisten Gedanken um sein Aussehen macht man sich doch im Teenie-Alter. Und hier wurde die gute alte Barbie doch schon längst von Influencern und Social-Media-Stars abgelöst. Als Zwölfjährige sind Puppen längst uncool, lieber möchte man aussehen wie Tiktok-Star Charli D’Amelio oder Kylie Jenner. Hier sind die Stars in der Verantwortung, Vorbilder für ihre jungen Fans zu sein.

Margot Robbie And Rest Of 'barbie' Cast React To Their Official Dolls

Und sind wir mal ehrlich, bei wem sah die Barbie am Ende der Kindheit noch so perfekt aus wie zuvor? Ich ging zwar recht pfleglich mit den Erbstücken meiner Schwester um, doch beim Besuch bei Freundinnen musste ich schnell feststellen, dass die hübschen Barbies oft ein „Make-over“ erhalten hatten, nach dem wohl jeder echte Stylist verklagt worden wäre. Ob mit der Bastelschere geschnittene Frisuren oder Körperbemalung mit Nagellack – viele der Puppen haben ihren ganz eigenen Schliff erhalten. Und so wurde aus dem blonden Püppchen schnell ein „Chucky, die Mörderpuppe“-Verschnitt. Doch meine Freundinnen hat das nicht gestört, schließlich war ihre Barbie dann einzigartig. Und auch dem Spielspaß hat das natürlich keinen Abbruch getan.

Margot

Selbst die Kinder hatten also schon früher wenig Lust auf den Barbie-Perfektionismus und haben ihre Individualität an den Puppen ausgelebt. Man kann Barbie lieben oder hassen, aber die Schuld an einem veralteten und sexistischen Frauenbild sollte man dem unscheinbaren Plastikteil im Kinderzimmer nicht zuschieben.“ PATRICIA HUBER

Und sind wir mal ehrlich, bei wem sah die Barbie am Ende der Kindheit noch so perfekt aus wie zuvor? Ich ging zwar recht pfleglich mit den Erbstücken meiner Schwester um, doch beim Besuch bei Freundinnen musste ich schnell feststellen, dass die hübschen Barbies oft ein „Make-over“ erhalten hatten, nach dem wohl jeder echte Stylist verklagt worden wäre. Ob mit der Bastelschere geschnittene Frisuren oder Körperbemalung mit Nagellack – viele der Puppen haben ihren ganz eigenen Schliff erhalten. Und so wurde aus dem blonden Püppchen schnell ein „Chucky, die Mörderpuppe“-Verschnitt. Doch meine Freundinnen hat das nicht gestört, schließlich war ihre Barbie dann einzigartig. Und auch dem Spielspaß hat das natürlich keinen Abbruch getan.

Margot

Selbst die Kinder hatten also schon früher wenig Lust auf den Barbie-Perfektionismus und haben ihre Individualität an den Puppen ausgelebt. Man kann Barbie lieben oder hassen, aber die Schuld an einem veralteten und sexistischen Frauenbild sollte man dem unscheinbaren Plastikteil im Kinderzimmer nicht zuschieben.“ PATRICIA HUBER